Ausflüge

 

Petzi und Caruso auf der Hohen Wand

 Nachdem die Sommer der letzten beiden Jahre ja eher bescheiden ausgefallen sind, war uns im Jahre 2006 ein traumhaft schöner Herbst gegönnt. Das milde, sonnige Herbstwetter verleitete Michi und Irene dazu, mich und meinen Freund – oder besser siamesischen Zwilling, auch wenn wir uns gar nicht ähnlich sahen – Caruso auf zahlreiche und endlose Wanderungen zu verschleppen. Na, uns Hunden konnte das ja nur recht sein. Meist trafen wir uns in der Früh in Sattelbach und durften noch eine Runde auf den überdimensionalen Lamakoppeln spielen. Dann wurden wir alle 4 in Irenes Auto verfrachtet und fuhren der Sonne und der Wanderung entgegen.

An einem dieser traumhaften Wochenenden sollte uns unsere Wanderung mal wieder auf die Hohe Wand führen. Wir glühten also nach Meiersdorf und parkten dort ziemlich abschüssig, schon fast auf dem Wanderweg. Ungeduldig und voller Vorfreude durften wir – halbwegs gesittet – endlich das Auto verlassen und marschierten los.

Wie es auf allen von Michi geplanten Wanderungen so ist, standen wir bald vor dem ersten Hindernis: Einer eingezäunten Weide mit etlichen Kühen. Es half also nichts, da mussten wir durch. Da nirgends ein Tor zu finden war, benützten wir einfach die praktischen Minileitern mit Podest, um in die Weide zu kommen. Michi schickte mich voraus – wieso musste eigentlich immer ich das Versuchskaninchen sein (?) – und kletterte sofort nach mir drüber. Caruso konnte das offensichtlich so nicht gelten lassen und zeigte sofort, dass er das klarerweise mindestens genauso gut konnte, wie ich und auch Irene machte ein bisschen Morgensport. Schön langsam schien sie sich an unsere Eskapaden zu gewöhnen!!! Also mit halbem Auge auf die Kühe – wos was ma – marschierten wir weiter, um nach ein paar hundert Metern wieder aus der Weide hinauszuturnen.

Dann ging es gemächlich weiter und innerhalb kürzester Zeit hatten wir wieder mal keine Ahnung, wo wir waren und wo wir genau hin wollten. An den meisten Abzweigungen nach oben stand die Warnung, „nur für Geübte“. Na, geübt hatten wir ja schon oft, aber Michi und Irene waren nicht sicher, ob wir da nicht über die supersteilen Steige mit Kletterleitern müssten. Also einfach immer weiter, schließlich schien die Sonne und wir konnten unsere Ziele ja jederzeit neu definieren. Irgendwann entschlossen wir uns dann doch, endlich mal nach oben abzubiegen und den Aufstieg zu wagen. Es dauerte nicht lange, da wurde uns aber schon wieder mulmig – wir trafen lauter Menschen, die perfekt zum Klettern ausgerüstet waren, Sturzhelme trugen und eine Menge Seile mitschleppten...

Zum Glück wird ja selten so heiß gegessen, wie gekocht und wir wurden nicht mit Kletterwänden, sondern nur mit traumhaft schönen Wanderwegen konfrontiert – wenn auch, wie immer, an den entscheidenden Wegkreuzungen natürlich die Markierungen fehlten, oder nicht eindeutig waren. Der Weg wurde immer steiler, steiniger und schmäler, aber schön war es trotzdem. Nach einem ziemlich langen Steilstück erreichten wir einen kleinen Rastplatz, der mit etlichen kleineren Kletterfelsen umgeben war. Dort wuchsen aus allen Felsspalten kleine, feine Hundekeksi heraus und alles, was Caruso trotz maximaler Streckung seiner beachtlichen Körperlänge nicht von unten erwischen konnte, holte ich mir auf Bergziegenart – schwupps war ich oben, turnte auf den Felsen herum, dass Michi schon ganz blass wurde und füllte meinen knurrenden Magen. Nebenbei: mein Gehirn war eh schon völlig „zuckerverarmt“ und arbeitet nur noch auf „Notstrom“.

Als die Felsen geplündert waren, marschierten wir weiter und erreichten schon bald den Gipfel, dessen Kreuz wir schon von weitem sehen konnten. Die Mädels versorgten sich mit Essen – Michi, die Unerbittliche, bekam nur eine Suppe, aber Irene, die Großherzige, dachte auch an uns arme, hungrige Hunde, bestellte eine Blunzn und teilte redlich mit uns. Danach schmissen wir uns in die Wiese und genossen ein Sonnenbad mit Superweitblick – oh Glücksgefühl. Nebenbei wurden noch ein paar Nusskekse von meinem fürsorglichen Frauchen, Hannelore, verspeist. Hmmmm lecker, meinten zumindest die Mädels, die dann doch beide beschlossen, diese Kekse nicht mit uns zu teilen.

So, nach dieser ausgiebigen Pause mussten wir „nur“ noch hinunter und Irenes Auto wieder finden. Zielsicher marschierten wir der gelben Markierung nach, aber.... Irgendwo hatten wir schon wieder eine Weggabelung übersehen und stapften ahnungslos genau auf den Steig zu, den wir eigentlich vermeiden wollten – nämlich den, auf dem in unserer Karte eine Leiter eingezeichnet war.... Naja, noch wussten wir ja nichts davon. Allerdings dämmerte es uns schon bald: Der Weg wurde immer steiler, wir waren von Felswänden umzingelt und am Boden waren Tonnen von Geröll. Also die perfekte Strecke für Michi, um mit mir wieder mal Leinenführigkeit zu üben – ständig bekam ich mein Kommando zum Warten, Michi kletterte 5m Meter voraus, rief mich und schickte mich 5m Meter vor, u.s.w.... Irene war das dann doch zu gefährlich und nachdem sie bereits 4 Mal auf ihrem Podex gelandet war, leinte sie Caruos ab. Der arme musste dann immer ganz alleine warten, bis wir 3 die nächste Hürde gemeistert hatten und wurde dann erst gerufen, worauf er immer wie eine Kanonenkugel die Steilwände hinunter geschossen kam (womit wieder bewiesen wäre, dass in der Hundeschule besser die Frauchen am Geschicklichkeitstraining teilnehmen sollten, als die Hunde!).

Eine Weile ging das also so dahin und dann sah Michi eine Brücke, oder besser gesagt, die Fragmente dessen, was wohl mal eine Brücke gewesen sein sollte. Von weitem waren wir uns ja ziemlich sicher, dass unser Weg bestimmt nicht über diese Brücke führte, sonder einfach weiter nach unten ging. Bei näherer Betrachtung musste diese Hypothese jedoch leider verworfen werden: Unser Weg ging eindeutig nach der Brücke weiter, kein Zweifel!!! Michi wurde still, was meistens nichts Gutes bedeutete und betrachtete, was vor uns lag: Rechts eine Felswand horizontal nach oben, daneben 4 Pfosten (ehemals Brücke genannt), von denen die beiden mittleren gebrochen waren und nach unten durchhingen und darunter der „Abgrund“ – ach herrje. Die Alternative: umdrehen und wieder 2 Stunden bergauf gehen. Also gut: Petzi, Versuchskaninchen, wurde vorgeschickt – schön langsam bin ich aber beleidigt, dass ich immer der „Blöde“ bin. Aber flink und leichtfüßig zeigte ich den 3 Hasenfüßen hinter mir, wie man so ein Hindernis bewältigt! Null Problemo! Michi nahm dann endlich ihren ganzen Mut zusammen und überquerte die „Brücke“ nur auf den beiden Außenbrettern balancierend – geschafft. Bei Caruso waren wir uns nicht sicher, ob er uns jetzt nicht doch im Stich lassen würde. Schließlich hatte er ja bis vor nicht allzu langer Zeit sogar Angst, über ganz normale breite Brücken zu gehen (ganz ohne Abgründe und gebrochene Bretter). Irene hielt ihn fest an der Leine, aber Caruso wuchs über sich hinaus, galoppierte los, riss Irene die Leine aus der Hand und war schwupps-di-wupps auf unserer Seite. Zu guter Letzt wackelte Irene – ähnlich unsicher wie Michi – über die baufällige Brücke und unsere Gruppe war wieder glücklich vereint. Dennoch wussten wir jetzt endlich, warum der Weg „HTL-Blutspur“ hieß...

Nach dieser Leistung, wo der ehemals angst-aggressive weiße Schäferhund uns wieder mal gezeigt hatte, wieviel Vertrauen er inzwischen hat und was er schon alles bewältigen kann, waren die Kletterer, an denen wir direkt auf einem Weg, der nur einen halben Meter breit war, vorbei mussten, sowieso kein Thema mehr für Caruso – früher hätte er die sicher „gefressen“.

Der Rest dieser – nicht immer ganz entspannenden – Wanderung war ein Klax. Wir kamen wieder auf einen „normalen“ Weg und fanden, nach einer kurzen Begegnung mit ein paar pöbelnden, freilaufenden Hunden im Ort auch Irenes Auto wieder. Am Heimweg schliefen wir Hunde brav im Auto, um Kräfte für eine neuerliche Runde Lamakoppel-Rennen zu tanken. Nach einem insgesamt 10-Stunden-Arbeitstag (ein Skandal, wo sind die Tierschützer???) durfte ich dann endlich heim zum meinem Frauchen. Die Arme hatte mich schon so vermisst, dass sie zwischendurch sogar angerufen hatte, ob denn eh alles in Ordnung sein – wahrscheinlich dachte sie, ich wäre mit einem zarten Rehlein durchgebrannt ,-)


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