Fährtenworkshop mit Horst Böthig (Deutschland)

 Theorie zur Fährtenarbeit:

Durch die mechanische Einwirkung des Fußes auf den Boden werden augenblicklich chemische Reaktionen induziert: Pflanzensäfte treten aus und verändern den Geruch sofort. Dieser „spontane“ Geruch nimmt dann relativ schnell wieder ab und wird sukzessive vom entstehenden Gärungs- bzw. Verwesungsgeruch überlagert, der sich durch eine lange stationäre Phase auszeichnet. Zwischen dem spontan auftretenden und dem Gärungsgeruch kann ein „Geruchsloch“ entstehen. In diesem Zeitraum zeigt der Hund Probleme bei der Ausarbeitung der Fährte (Anm.: vgl. Glen R. Johnson’s „Hump“). Zusätzlich verliert natürlich der Fährtenleger auch Hautschuppen und verleiht der Fährte seinen Individualgeruch. Generell findet permanent ein Konzentrationsausgleich des Geruches mit der Umgebung durch Diffusion statt.

Die Wahrnehmbarkeit des Fährtengeruches ist von vielen Faktoren abhängig, z.B. auch von der Witterung und der Bodenbeschaffenheit.

Die freigesetzten Duftstoffe werden vom Hund inhaliert und es kommt zu deren Ad- und Absorption sowie zu ihrer Lösung in der Nasenschleimhaut. Über Neurotransmitter erfolgt der Transport zu den Rezeptoren. Wie der komplexe Riechvorgang funktioniert kann man hier (Der Geruchssinn unserer Hunde aus wissenschaftlicher Sicht!) im Detail nachlesen.
 

Auswahl und Einsatz von Futter als Triebziel:

Bei Verwendung von Futter als Triebziel ist auf jeden Fall darauf zu achten, dass der Hund auch Hunger hat – Triebförderung im existenziellen Bereich!

Die ausgewählten Leckerli sollten auf jeden Fall KLEIN und nicht hart sein.

Zur Geruchsverstärkung an bestimmten wichtigen Stellen, wie z.B. Winkeln, muss man die Leckerli auch pulverisieren können (Anm.: vgl. Dorothée Schneider’s „Salzstreuer“). Das Pulver verwendet man zudem auch zum Futterabbau.

Entscheidend ist, dass immer dieselben Leckerli auf der Fährte verwendet werden, da der Hund bei Verwendung unterschiedlichen Futters zu sehr vom eigentlich zu verinnerlichenden Fährtengeruch abgelenkt wird!

 

Verwendung eines „Setzeisens“

Mit Hilfe eines Setzeisens werden die „Leckerli“ im Zentrum jedes Fußabdruckes deponiert. Auf diese Weise hat der Hund von Anfang an nicht die Möglichkeit, seine Augen zu gebrauchen, sondern muss sich ausschließlich auf seine Nase verlassen. Um an sein Triebziel, also das Futter, zu kommen, muss der Hund sich sehr konzentriert an den Mittelpunkt des Fußabdruckes „heranschnüffeln“. Äußerlich bemerkt man das konzentrierte Arbeiten des Hundes daran, dass Rute und Ohren erschlaffen, denn die gesamte Konzentration des Hundes geht ins Schnüffeln. Bevor der Hund dann im Zentrum des Fußabdruckes zum Objekt der Begierde kommt, tastet er den gesamten Mischgeruch ab. Künftig wird der Hund also immer dort, wo er den Diffusionsgeruch wahrnimmt, Triebbefriedigung erwarten!

 

Die Anbahnung:

Welpen, Junghunde, aber auch erwachsene Hunde, mit denen man Fährtenarbeit beginnen möchte, bringt man zunächst wortlos ins operante Verhalten.

Dazu füttert man kleine Leckerli aus der Hand, macht dabei einen kleinen Schritt rückwärts und lässt einige der Leckerli unbemerkt durch die Finger rieseln, sodass sie genau in den Fußabdrücken landen. Beginnt der Hund am Boden zu schnüffeln und findet ein Leckerli wird sofort das Kommando „Such“ dazu gegeben – assoziatives Lernen.

Entscheidend ist, dass man den Hund hier noch in der aktiven Schnüffelphase aus der Arbeit herausnimmt:

 

Das Herausnehmen des aktiven Hundes aus der Arbeit:

Dem Hund wird bei bestehender Schnüffelatmung – am besten dann, wenn er gerade ein Leckerli ergattert – vom Hundeführer ein weiteres Leckerli direkt unter die Nase geschoben. Der Hundführer geht wortlos mit seinem Leckerli rückwärts und der Hund sollte mit der Nase am Leckerli des Hundeführers „kleben“. Ist der Hundeführer 3-4 Schritte rückwärts mitsamt seinem Hund weggegangen, bleibt er wortlos stehen, wodurch der Hund sich absetzt. Dann erst bekommt der Hund sein Leckerli und die Arbeit ist beendet!

 

Das Fährtenquadrat:

Das Fährtenquadrat dient

·        zur Induktion der „Schnüffelatmung“, bei der der Hund ca. 6 Atemzüge pro Sekunde bei geschlossenem Fang absolviert.

·        zur Leistungs- und Konzentrationssteigerung des Hundes, denn Schnüffelatmung ist extrem anstrengend für den Hund. Hier kann das Fährtenquadrat effizient genützt werden, denn es fordert den Hund physisch und psychisch maximal, bei geringem Zeit- und Platzaufwand für den Hundeführer.

·        zur Verknüpfung des Kommandos „Such“ mit der entsprechenden korrekten Verhaltensweise des Hundes.

·        zur Verknüpfung des Kommandos „Nein“ mit der entsprechenden korrekten Verhaltensweise des Hundes.

·        zur Verbesserung der Toleranz gegen die Frustration des Hundes bei Korrekturmaßnahmen, da der Hund nach der Korrekturphase ganz automatisch wieder positiv eingestimmt wird (Anm.: Ich persönlich bin ziemlich sicher, dass bei dieser Arbeit Korrekturen gar nicht nötig sind, da der Hund sowieso nur im Quadrat Triebbefriedigung erlangt und daher schnellstens lernen wird, sich selbst zu korrigieren).

·        zum Aufbau einer korrekten, ruhigen und effizienten Arbeit des Hundes am Fährtenabgang.

 

Das Ausarbeiten eines Fährtenquadrates:

Der Hund wird ruhig an den Start des Fährtenquadrates gebracht und soll dort kurze Zeit verweilen (Anm.: Am besten vermittelt man dem Hund gleich jene Position, die er in Zukunft auch am Fährtenabgang einnehmen soll). Hat der Hund in der Anbahnung bereits das Kommando „Such“ korrekt (!!!) verknüpft, kann es bereits als Kommando benützt werden. Andernfalls wartet der Hundeführer, bis der Hund von selbst zu schnüffeln beginnt und gibt dann erst das Kommando „Such“.

Man lässt den Hund einige Leckerli erschnüffeln und nimmt ihn dann – wie oben beschrieben – in der aktiven Phase aus der Arbeit heraus.

Nähert sich der Hund dem Rand des Fährtenquadrates, muss der Hundeführer sehr aufmerksam sein. Sobald der Hund aus dem Quadrat hinausschnüffelt, wird das verbale Kommando „Nein“ gegeben. Daraufhin sollte sich der Hund sofort wieder zurück ins Quadrat korrigieren. Ganz zu Beginn (oder falls der Hund das Kommando „Nein“ noch nicht korrekt (!!!) verknüpft hat), wird gleichzeitig mit dem verbalen Kommando an der Leine gezupft, um den Hund auf jeden Fall ins Quadrat zurück zu korrigieren. (Anm.: Meiner Ansicht nach wird der Hund in kürzester Zeit lernen, auch ohne diese – negativ behafteten – Korrekturen im Quadrat zu bleiben, denn außerhalb gibt’s nichts für ihn zu holen!!!).

Generell soll die Arbeit im Fährtenquadrat zunächst nur über kurze Zeitspannen verlaufen, die dann kontinuierlich gesteigert werden können. Außerdem wird der Hund während der aktiven Phase auch immer wieder mal vom Hundeführer berührt – Hand auf den Hunderücken oder die Flanken legen oder mal über den Rücken streicheln.

Versucht der Hund die Arbeit im Fährtenquadrat selbst zu beenden, wartet der Hundeführer darauf, dass er die Arbeit wieder aufnimmt und nimmt den Hund dann erst in der aktiven Phase aus dem Quadrat heraus.

Fährten“quadrat“ für Fortgeschrittene:

Hat der Hund diese Art der Arbeit verstanden, kann man das Quadrat auch mal zu einem Kreis oder einem Dreieck (sehr schwer – nicht zu früh damit beginnen) „umbauen“. (Anm.: Gemäß Manfred Müller könnte man sogar einen „Stern“ bzw. einen Abgang mit „toten Enden“ legen).
 

Zur intermittierenden Verstärkung legt man auch Fährtenquadrate mit nur 1 Stück Futter – auch hier wird der Hund wieder aktiv aus dem Quadrat genommen.

Der weitere Aufbau der Fährtenarbeit:

Das Fährtenquadrat wird sukzessive verkleinert, bis nur noch die Fläche des normalen Fährtenabganges übrig bleibt (Anm.: Ich bin kein Freund eines Abgangsquadrates, sondern würde da eher auf eine trichterförmige oder dreieckige Fläche reduzieren).

Dann wird vom Abgang weg zunächst eine kurze Fährte von 7-8m gelegt, wobei wieder in jedem Fußabdruck ein Leckerli eingebracht wird (Setzeisen). Im letzten Fußabdruck deponiert man ca. 5 Leckerli, damit der Hund längere Zeit anhält und man ihn wiederum in der aktiven Phase aus der Fährte nehmen kann (s.o.).

Die Fährte kann dann sukzessive verlängert werden und natürlich soll auch die Zeitspanne zwischen dem Legen und dem Ausarbeiten der Fährte gesteigert werden.

Winkelarbeit:

Zur Winkelarbeit wird „Leckerlipulver“ (s.o.) in den letzten Fußabdruck vor dem Winkel gestreut, damit der Hund dort selbständig eingebremst wird, danach geht's in die neue Richtung weiter.
 


Futterabbau:

Wenn der Hund in seiner Arbeit weiter fortgeschritten ist, beginnt man mit dem Futterabbau. Auch dazu verwendet man das „Leckerlipulver“ (Anm.: vgl. Dorothée Schneider), um beim Hund ein homogenes Suchtempo zu fördern.

 

Die Absicherung:

Man legt eine Fährte mit Fährtenabriss und geht im rechten Winkel von der Fährte weg. Beim Suchen gibt man dem Hund, wenn er den „Winkel“ ausarbeiten möchte ein „NEIN“. Ein korrekt gearbeiteter Hund wird dieses Kommando MISSACHTEN!!! Denn er ist sich absolut sicher, dass dort der richtige Weg ist – UND ER HAT RECHT!!! (Anm.: Diese – für den Hund – „negativ“ behaftete Variante ist im Prinzip vergleichbar mit William Sanders  „Corner Communication“, wobei letztere vom gesamten Denkansatz mit positiven Verknüpfungen für Hund und Hundeführer behaftet ist, was mir besser gefällt!).

 

Einführen von Verleitungsfährten:

 

Im Fährtenquadrat kann man auch mit Verleitungsfährten üben. Man kann zeitversetzt selbst durchs Quadrat gehen oder eine fremde Person durchschicken. 

 

 

 

 

 

Sehr schwierig wird’s dann schon, wenn man eine Verleitung z.B. durch ein Fährtendreieck in Richtung Spitze legt und das womöglich auch noch mit dem Wind im Rücken!

 

 

 

Eine zeitlich sehr nahe Verleitung erzeugt man z.B. in einer „Schnecke“. Diese Figur ist extrem schwer, weil sich dabei auch noch die Windrichtung permanent ändert.

 

 

 

 

 

Generelle Regeln:

Der Hundeführer muss sich selbst und seinem Hund klare Ziele setzen und die Fährtenarbeit konsequent und kontinuierlich nach einem logischen Prinzip aufbauen.

Das Ende der Fährte, also der letzte Schenkel liegt im Training logischerweise IMMER im optimalen Gelände bei optimaler Windrichtung (Rückenwind!).

Verweisen wird IMMER erst abseits der Fährte perfektioniert. Bevor das nicht funktioniert, braucht man gar nicht erst versuchen, es auf der Fährte einzuführen!!! Verweisen in korrekter Richtung kann der Hund z.B. lernen, indem man ihn zwischen den gegrätschten Beinen verweisen lässt.

 

 

Persönliche Bemerkungen:

Die Methodik von Horst Böthig basiert im Prinzip auf extrem gut aufgebauter Abgangsarbeit. Daher bin ich auch restlos davon überzeugt und sehr begeistert. 

Was mich leider wenig begeistert hat ist, dass Horst Böthig’s Hund zwar in seiner Sucharbeit total überzeugend ist, dass er seinem Herrchen aber ein enorm submissives Verhalten entgegenbringt. Sobald Horst Böthig in die Nähe seines Hundes kommt, beschwichtigt dieser massivst, wirkt extrem unsicher und zeigt alleine schon durch bloße Anwesenheit seines Herrchens sowohl aktive, wie auch passive Unterwerfung. Für diese Aktionen wird der Hund dann auch noch verbal von Horst Böthig ermahnt. Schade eigentlich, denn es geht bewiesenermaßen auch anders – auch wenn Horst Böthig vom Gegenteil überzeugt ist!

 


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